Seit ca. 5 Jahren ist die Unterstützung und Betreuung von Menschen mit einer Behinderung und deren Angehörige ein eigener Behandlungszweig der YAWE Foundation in Fort Portal, Uganda. Zuvor wurden im Rahmen dieser auf HIV spezialisierten Institution zwar immer wieder Betroffene mitbetreut, aber es gab noch keine eigene Infrastruktur für diese Tätigkeit.
Mit der Zunahme an zu betreuenden Personen wurde ein eigener Mitarbeiter für diese Arbeit eingestellt, der auch ein eigenes Fahrzeug – ein Kleinmotorrad – zur Verfügung hat um die Menschen auch in den entlegenen Gebieten besuchen und unterstützen zu können.
Ein Netzwerk zur Kompetenzerweiterung wurde zusammengestellt, in dem speziell das Knowhow eines in Fort Portal existierenden Therapiezentrums für Kinder eines englischen Therapeut_innen-Teams sehr wertvoll war und ist. Zudem arbeitet im Bezirkskrankenhaus ein Orthopädietechniker aus Fort Portal, der sehr geschickt orthopädische Hilfsmittel bis hin zu Rollstühlen selber herstellen oder renovieren kann. Mit der Unterstützung dieses Netzwerkes ist es den Mitarbeiter_innen der YAWE Foundation möglich sich immer mehr Kompetenzen anzueignen, die Dienste dieses Netzwerkes zu nützen und damit Menschen mit Behinderung immer besser betreuen zu können.
Derzeit sind bei der YAWE Foundation 52 von einer Behinderung betroffene Menschen, vor allem Kinder, registriert. Die Betreuung erfolgt je nach Bedarf und ist sehr unterschiedlich und vielfältig. Manche werden häufig und regelmäßig therapeutisch begleitet, manche brauchen nur einmalig ein Hilfsmittel, das ein akutes Problem löst, sodass sie wieder gut alleine zurechtkommen. Häufige Behinderungsformen sind Cerebrale Bewegungsstörung z.B. nach einer Malaria-Erkrankung oder durch Spina bifida, Lernbehinderungen, Autismus, Epilepsie, Hydrocephalus, orthopädische Fehlbildungen etc.
Natürlich ist es so, dass diese Unterstützungen keineswegs mit unseren Standards zu vergleichen sind, die Betreuer_innen machen jedoch ihr Bestes und leiten auch die Angehörigen an, z.B. von Kontraktur bedrohte Gliedmaßen des Kindes durchzubewegen oder ein abweichendes Verhalten verständlich zu machen.
Sehr wichtig ist die Unterstützung vor Ort, sodass die Kinder in ihrer vertrauten Umgebung bei ihren Familien leben können. Es wird versucht, sie in Schulen in ihrer Nähe unterzubringen. Wenn dies nicht gelingt, gibt es eine gute Zusammenarbeit mit einer inklusiven Schule und einem angeschlossenen Internat, welches manchmal Kinder aus der YAWE-Betreuung aufnimmt, falls die finanzielle Unterstützung gewährleistet ist.
Einmal im Quartal findet ein Fortbildungs- und Austauschtag für Angehörige im YAWE Zentrum statt. Dieser wird sehr gut angenommen. Neben fachlichen Inputs gibt er Gelegenheit aktuelle Probleme zu besprechen, sich auszutauschen und Mut zuzusprechen. Ausgehend von diesen Fortbildungstagen wurde auch eine Selbsthilfegruppe gegründet.
In der Folge werden nun ein paar Betreuungssituationen entnommen aus den aktuellen Berichten näher beschrieben:
Clovice: Er ist 17 Jahre alt und kann aufgrund einer cerebralen Bewegungsstörung seine Beine nicht mehr bewegen. Er sitzt im Rollstuhl und hat zuvor im Bäckerei-Projekt kleinere Arbeiten übernommen. Sein Interesse galt jedoch mehr der Schneiderei und so sah er in der Schneiderwerkstatt von YAWE eine Möglichkeit, sich in diesem Feld weiter zu bilden und dort handwerkliche Fähigkeiten zu erlernen. Er hatte auch schon einen diesbezüglichen zukünftigen Arbeitsplatz ausfindig gemacht um dort später seine Fertigkeiten einsetzen zu können. Er konnte eine Nähmaschine bekommen, die sich nur mit der Hand betreiben lässt und nicht wie sonst überall üblich mit den Füßen zu bedienen gewesen wäre. So ist es ihm nun möglich, für einen bescheidenen Lebensunterhalt zu sorgen.
Gaudiozo: Dieser Mann wurde kürzlich als neuer Klient aufgenommen. Er hatte einen Schlaganfall erlitten und in der Folge eine Halbseitenlähmung bekommen. Er konnte sich schon gehend fortbewegen, klagte aber sehr über Schmerzen auf der hemiplegischen Seite und über die Kraftlosigkeit und feinmotorische Problematik in seinem Arm und seiner Hand.
Veronica: Sie wurde vor ungefähr 4 Jahren in einem sehr entlegenen ländlichen Gebiet erstmals aufgesucht, nachdem ihre Großmutter von der YAWE-Unterstützung für behinderte Menschen gehört hatte und Kontakt aufgenommen hatte. Veronica war damals 12 Jahre alt und hatte noch nie eine Schule besucht. Sie konnte sich nur am Boden kriechend fortbewegen. Mit diversen Spenden war es dann möglich, Veronica einen Rollstuhl zu beschaffen und sie in einer relativ nahe gelegenen inklusiven Schule mit Internat unterzubringen. Nach jedem Trimester darf sie nach Hause zu ihrer Oma fahren. Der Transport dorthin, der sehr zeitaufwändig ist, wird meist vom YAWE-Leiter George Akora erledigt. Veronica ist überglücklich, diese Möglichkeit des Schulbesuches zu haben und wird auch dort immer wieder von YAWE betreut. Zuletzt war ihr Rollstuhl gebrochen, der von YAWE-Mitarbeiter_innen wieder repariert gebracht wurde. Für Veronica stellt diese Unterstützung eine enorme Steigerung ihrer Lebensqualität dar.
Aktivitäten in einem Monat am Beispiel vom Oktober 2018
In diesem Monat wurden 37 Klient_innen in ihrem Wohnumfeld besucht. Da war zum Beispiel Doreen, die wahrscheinlich aufgrund einer cerebralen Lähmung eine ausgeprägte Muskelschwäche hat. Die YAWE-Mitarbeiter_innen zeigten ihr Übungen zur Kräftigung ihrer Muskulatur und auch wie sie sich selbst im Rollstuhl fortbewegen kann. Bei diesem Besuch im Oktober zeigte sie schon mehr Kraft in den Beinen und konnte schon längere Strecken zu Fuß gehen. Aber auch ihren Rollstuhl konnte sie mit den Armen und Händen fortbewegen. Während des Besuchs werden immer wieder Kräftigungsübungen durchgeführt.
Lucia ist ein kleines Mädchen mit Epilepsie. Sie wird mit Medikamenten versorgt, deren Anzahl schon reduziert werden konnte. Sie kann auf die richtigen Farben zeigen und auch auf Gegenstände, die man ihr ansagt. Sie kann sich etwas zu essen in den Mund stecken und aus einem Becher trinken. Das derzeitige Behandlungsziel ist die Verbesserung der beidhändigen Koordination und die kognitive Förderung.
Gloria hatte mit 4 Jahren noch immer nicht selber sitzen und hantieren können. Die YAWE-Mitarbeiter_innen ermutigten sie und zeigten ihr und ihrer Mutter wie sie alleine sitzen und auch essen kann. Nach ungefähr 1½ Jahren ist sie nun dazu fähig.
Christopher leidet ebenfalls unter einer ausgeprägten Muskelschwäche aufgrund eines cerebralen Geschehens. Er wird von seiner Großmutter versorgt und betreut. Sein größter Wunsch ist es, eine Schule besuchen zu können und mit den anderen Kindern am Tagesgeschehen beteiligt zu sein.
Caregivers Day – ein Spezialprojekt der YAWE-Foundation für die Angehörigen von behinderten Menschen am Beispiel der letzten diesbezüglichen Veranstaltung am 26. Oktober 2018.
Themen: Überblick über die wichtigsten Behinderungsformen; Diskussion über mögliche Unterstützungen und Perspektiven, um wieder neue Hoffnung und neuen Mut für ihre schwierige Situation schöpfen zu können.
Einige haben von ihrer Situation berichtet und andere ermutigt, sich auch zu informieren oder nach Lösungen zu suchen.
Die Teilnehmer_innen wurden ermutigt, sich weiter um ihre von einer Behinderung betroffenen Angehörigen gut zu kümmern, da es einen besonderen Wert darstellt, wenn diese zuhause umgeben von ihren Verwandten leben können.
Dieses Zusammensein und der Austausch von gleich gesinnten und ähnlich betroffenen Menschen stärken die Motivation und die Kraft, sich täglich neu den Anforderungen zu stellen. Die Menschen können voneinander profitieren, indem sie erleben, was vielleicht andere schon geschafft haben oder indem sie anderen bei der Lösung von Problemen behilflich sein können.
Es ist schwierig, alle im Bezirk betroffenen Familien zu erreichen und von der Teilnahme am „Caregivers Day“ zu überzeugen. Es wird jedoch weiter daran gearbeitet.
Es werden in den Berichten der YAWE Foundation immer wieder die „challenges“ – also die besonderen Herausforderungen im Zusammenhang mit der Betreuung der von einer Behinderung betroffenen Familien erwähnt. Dabei ist es den Menschen kaum bis gar nicht möglich finanzielle Möglichkeiten für Hilfsmittel oder Medikamente aufzubringen. Auch die YAWE Foundation kann diese Unterstützung nicht immer und nur durch Spendengelder gewährleisten.
Die Anschaffung und Wartung der Fahrzeuge ist immer wieder problematisch, da diese Kleinmotorräder auf den oft sehr schlechten Pisten stark beansprucht werden. Dazu kommen noch die in Relation sehr hohen Benzinpreise, die hier auch einkalkuliert werden müssen.